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Flexible Differenzierung | ||
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Flexible Differenzierung: Was ist gemeint und worum geht es?Erfolg = hoher Anspruch + bedarfsgerechte Förderung Differenzierung ist das Erkennen von Differenzen in einer Lerngemeinschaft, das zu einer Berücksichtigung der Unterschiedlichkeiten der Lernenden durch eine entsprechende Unterrichtsgestaltung führt. Die flexible (innere) Differenzierung lebt vom Prinzip permanent wechselnder Gruppierung von Lernenden, die in der Praxis zu einer starken, inklusiven Lernumgebung für alle führt. Es geht hier um "academic diversity", d.h. die Unterschiede, die für den schulischen Erfolg relevant sind:
Dabei berücksichtigt die Lehrperson das Vorwissen, die Interessen und die Lernprofile der Lernenden, um die Lerninhalte, Lernprozesse, Lernprodukte und das Lernumfeld für die Lernenden zu optimieren, damit sie bestmögliche Lernchancen haben. Differenzierungsmaßnahmen werden nicht nach dem Gießenkannenprinzip, d.h. möglichst viel möglichst oft, sondern strategisch eingesetzt. Um eine Differenzierungsstrategie zu bestimmen, braucht die Lehrperson aktuelle Informationen über den Lernstarnd der Schüler/innen. (siehe "Formative Leistungsbeurteilung") Transparente Beurteilungskriterien, hoher Anspruch, kontinuierliche Lernstandserhebungen und respektvolle, authentische Aufgaben sind Merkmale dieser Praxis. Das ZLS bevorzugt das Differenzierungsmodell der Differenzierungsexpertin Carol Ann Tomlinson, Professorin an der University of Virginia. In diesem evidenz-basierten Modell – welches keine Programmatik, sondern ein heuristisches Instrument für Überlegungen ist, die zu einem wirksamen Unterricht hinsichtlich der Lernergebnisse der Schüler/innen führen - werden die fachliche Bereitschaft (Vorwissen und Vorerfahrung) der Schüler/innen in Bezug auf einen bestimmten Lerninhalt zu einer bestimmten Zeit, ihre Interessen und Lernprofile berücksichtigt, um Lerninhalte, Lernprozesse, Lernprodukte und das Lernumfeld so gestalten zu können, dass allen Schülerinnen und Schülern maximaler Lernerfolg ermöglicht wird. Das Modell lässt sich wie folgt darstellen:
Schülerfaktoren berücksichtigen und strategisch handeln: Differenzierung nach Vorwissen/Vorerfahrung ermöglicht Lernzuwachs. Differenzierung nach Interessen bewirkt eine höhere Motivation von Schülerinnen und Schülern. Differenzierung nach Lernprofilen führt zu größtmöglicher Effizienz beim Lernen. Flexible Differenzierung ist vielmehr eine Strategie. Cindy Strickland empfiehlt daher mit der Differenzierungsmatrix zu arbeiten, um auf Basis von aktuellen Informationen zum Lernstand der Schüler/innen (Prinzip Lernstandsbeobachtung - siehe auch "Formative Leistungsbeurteilung" im InfoPool). Zitate von Carol Ann Tomlinson: “Differentiating instruction is not an instructional strategy or a teaching model. It’s a way of thinking about teaching and learning that advocates beginning where individuals are rather than with a prescribed plan of action, which ignores student readiness, interest, and learing profile. It is a way of thinking that challenges how educators typically envision assessment, teaching, learning, classroom rules, use of time, and curriculum.” (The Differentiated Classroom, 108). “A young teacher working hard to implement a differentiated classroom recently reflected, ’Differentiated instruction isn’t a strategy. It’s a way of thinking all you do when you teach and all that the kids do when they learn.’ Not only is she correct, but her insight offers important guidance. Instead of first focusing on what to do in the classroom, it’s wisest to focus on how to think about teaching and learning.” (The Differentiated Classroom, 96) Weitere Kernideen zur flexiblen Differenzierung:
Botschaften der flexiblen Differenzierung (nach Carol Ann Tomlinson)
Reflexionsfragen zur Differenzierung:
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Flexible Differenzierung - Mythen und Fakten | |||||||||||||||||||
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Literatur Tomlinson, C. A., & McTighe, J. (2006). Integrating differentiated instruction and understanding by design. Alexandria, VA USA: ASCD. Tomlinson, C.A. (2003). Fulfilling the Promise of the Differentiated Classroom: Strategies and Tools for Responsive Teaching. Virginia: ASCD. Westfall-Greiter, T., Schlichtherle, B., (2016). Werkstätten Lerndesignarbeit: Werkzeuge für Praxisentwicklung. Digitale Version auf www.nmsvernetzung.at Wiggins, G. & McTighe, J. (2005). Understanding by Design. Expanded 2nd Edition. Alexandria, VA: ASCD.
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Flexible Differenzierung - Unterrichtsfaktoren | |||
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Auszug aus Aufnahmen von BildungsTV beim 1. Regionalen Lernatelier der G4 West Tanja Westfall-Greiter, Bundeszentrum für lernende Schulen, sensibilisiert für den Diskursbereich Tempo und Geschwindigkeit. Dauer: 14 Minuten Die Mittelschule hat den Auftrag, Kinder und Jugendliche zu bilden, ihre Denkfähigkeit zu entwickeln. Lernen und Denken brauchen Zeit. Warum wird in unseren Schulen Langsamkeit oft mit Schwäche gleichgesetzt und nicht als Zeichen von Überlegtheit gesehen? Warum stehen Schülerinnen unter Schüler unter einem permanenten Zeitdruck? Fordert die Wirtschaft wirklich in erster Linie Menschen, die schnell sind? Lehrpersonen haben nicht unter Kontrolle, was die Schülerinnen und Schüler in ihren ganz persönlichen und somit einzigartigen "Rucksäcken" mitbringen, sehr wohl können sie aber Lerninhalte, Lernprozesse, Lernprodukte und das Lernumfeld bestimmen, um erfolgversprechende Strategien für bestimmte Klassen und bestimmte Unterrichtsthemen zu entwickeln. | |||
Flexible Differenzierung - Video | ||
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Auszug aus Aufnahmen von Bildungs TV beim 1. Regionalen Lernatelier der G4 West Tanja Westfall-Greiter, Bundeszentrum für lernende Schulen, begründet die Sinnhaftigkeit und den "Mehrwert" der Flexiblen Differenzierung. Dauer: 15 Minuten In der Praxis wird häufig das jeweilige Lehrwerk als geheimer Lehrplan verwendet. Die Differenzierungsexpertin Carol Ann Tomlinson, auf deren Differenzierungsmodell die Unterrichtsentwicklungsarbeit der Neuen Mittelschule aufbaut, geht davon aus, dass Lehrerinnen und Lehrer ohne ein starkes Curriculum im Sinne von klaren Lerninhalten keine Chance haben, in ihrem und durch ihren Unterricht hohe Qualität zu erreichen. "Ohne starke Inhalte können wir unsere „Zirkusshow“ abhalten und unterhaltsam sein, aber wir werden auf der Output-Seite nicht viel erreichen." Der Flexiblen Differenzierung liegt das Prinzip der Chancengerechtigkeit zugrunde, die nicht erreicht werden kann, wenn Gerechtigkeit mit Gleichbehandlung verwechselt wird. Flexible Differenzierung bietet eine Möglichkeit, proaktiv zu handeln. Der Unterricht wird rückwärts vom großen Ziel gestaltet, um im Unterricht flexibel zu agieren und Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zum Ziel bestmöglich unterstützen zu können. Dafür braucht es Klarheit darüber, was die Schülerinnen und Schüler mit sich bringen und was der Kontrolle der Lehrerinnen und Lehrer unterliegt. | ||
Flexible Differenzierung - Was ist es? | ||
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Warum überhaupt Differenzierung? Und was bedeutet in diesem Zusammenhang „flexibel“? Seit dem Wegfall der unterschiedlichen Leistungsgruppen in den früheren Hauptschulen gibt es innerhalb einer Schulform (VS, NMS, AHS) in Österreichs Schulen bewusst keine äußere Differenzierung mehr, Grundlage dafür sind Schulwirksamkeitsforschungen, u.a. von John Hattie. Für Lehrpersonen ist es eine große pädagogische Herausforderung, Schüler/innen in einer heterogenen Lerngruppe entsprechend ihrem Leistungsvermögen zu fördern und zu fordern. Was ist das Ziel jeglicher Differenzierung?
Was ist Differenzierung sicher nicht?
Was genau versteht man nun unter „Flexibler Differenzierung“? Man spricht bei der flexiblen Differenzierung von einer informierten Strategie. Das bedeutet, dass unterschiedliche Angebote aufgrund von konkret erhobenen Informationen zum Lernstand der Lernenden bzw. aufgrund von Wissen über die Interessen oder Lernprofile der Lernenden angeboten werden. Diese unterschiedlichen Lernangebote führen jedoch alle zum gleichen Lernziel. Jeder Differenzierung geht eine Erhebung oder Messung, formeller oder informeller Art voraus und differenziertes Material bzw. Aufgabenstellungen werden ausschließlich dann angeboten, wenn sich diese Vorgehensweise aufgrund von erhobenen Fakten als sinnvoll erweist, also z.B. wenn das Vorwissen der Lernenden extrem divergiert. Dadurch wird sichergestellt, dass alle Lernenden die Lernziele auf dem für sie höchstmöglichen Niveau erreichen. Differenzierung führt also zur Steigerung des Lernerfolges für alle, auch für besonders leistungsstarke Lernende.
Literatur Tomlinson, C.A. (2001): How to Differentiate Instruction in Mixed-Ability Classrooms, Virginia: Association for Supervision and Curriculum Development Hattie, J. (2014): Lernen sichtbar machen für Lehrpersonen. Baltmannsweiler
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Flexible Differenzierung - Werkzeuge | |||
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Um als Lehrperson flexibel differenzieren zu können, bedarf es neben dem theoretischen Wissen um die Zielabsicht auch Werkzeuge, die einem dabei im Alltag unterstützen. Flexible Differenzierung ist mehr als nur der Einsatz unterschiedlicher Methoden – aber Methoden (Werkzeuge) helfen beim flexiblen Differenzieren! Praktische Herangehensweise an das Thema „flexible Differenzierung“ Carol Ann Tomlinson führt in ihrem Modell zur flexiblen Differenzierung unterschiedlichen Ebenen (Ressourcen der Lernenden, Unterrichtsfaktoren und allgemeinen Prinzipen) an, bei denen es anzusetzen gilt, wenn man flexible differenzieren möchte. Dieses Modell wurde in seiner Theorie bereits erläutert, um jedoch auch praktisch damit arbeiten zu können, gibt es Methoden bzw. wie wir es hier nennen möchten, Werkzeuge. Eine Auswahl dieser, angeordnet nach den unterschiedlichen Ebenen, sollen in weiterer Folge vorgestellt werden. Werkzeuge und Methoden sind immer dann erfolgreich, wenn man sich mit diesen identifizieren kann bzw. Authentizität bei der Anwendung sichtbar wird. Exemplarisch Konkrete Werkzeuge Ebene „Ressourcen der Lernenden“ Ja/Nein Kärtchen Die Lernziele (Verstehen/Wissen/Können) zum aktuellen Thema werden präsentiert. Jede Schülerin/jeder Schüler erhält ein Kärtchen, beschriftet dieses mit „Ja! Das weiß ich/kann ich“ auf einer Seite und mit „Nein!- Keine Ahnung!“ auf der anderen Seite. Nach jeder Aussage zu V/W/T wird die zutreffende Antwort hochgehalten. Ebene „Unterrichtsfaktoren“ Um im Unterricht flexibel handeln, sich mitunter zur Unterstützung von Schülerinnen/Schülern frei spielen zu können und die verbleibende Zeit von jenen Schülerinnen/Schülern, die ihre Aufgaben bereits bestmöglich erfüllt haben, sinnvoll zu nützen, können sogenannte „Anker-Aktivitäten “ hilfreich sein. Dabei geht es nicht um einen „Zeitfüller“, sondern um Aufgaben, die themenbezogen sind, sich auf die Dimensionen des Lernens (Verstehen/Wissen/Können/Person/Gruppe) beziehen und nach Inhalt/Interesse/Lernprofile/Lernprozesse differenziert sein können. Ebene „allgemeine Prinzipien“ – Ein Beispiel zu Lernstandsbeobachtung In einem differenzierten Klassenzimmer werden die Schüler/innen zur täglichen/wöchentlichen Evaluation ihres Lernfortschritts und ihres persönlichkeitsbildendes Wachstums (Arbeitsverhalten/Soziales, etc.) ermutigt. Ein effizientes Instrument dazu ist das Lernzonenkärtchen, auf welchem die Schüler/innen selbstständig eintragen, wie sie für sich die gestellten Aufgaben einschätzen: zu leicht, genau richtig, zu schwer. Diese Rückmeldung hilft wiederum der Lehrperson mit den Schülerinnen/Schülern weiter zu arbeiten.
Literatur Tomlinson, C. A. (1999). The Differentiated Classroom. Responding to the Needs of All Learners. Alexandria, VA USA: ASCD.
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Formative Leistungsbeurteilung | |||
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Obwohl die positive Wirkung von formativer Beurteilung auf den schulischen Erfolg die meist untersuchte und für wirksam bestätigte Praxis ist, wird leider der regelmäßige Einsatz von Informationsfeststellungen in der Praxis verhältnismäßig selten genutzt (Neuweg 2009, S. 19). Scriven hat diese formative Wirkung erstmals 1967 festgestellt. Black und Wiliam (1998) entdeckten in ihrer Forschung 30 Jahre später, dass formative Leistungsbeurteilung eine signifikante Wirkung auf den Lernertrag hat – mehr als andere Interventionen und wesentlich wirkungsvoller als summative Leistungsbeurteilung, die sogar eine negative Wirkung auf das Lernergebnis haben kann. Inzwischen wurden diese Erkenntnisse von Hatties (2009) Mega-Studie bestätigt und konkretere Hinweise über die darunterliegende Praxis identifiziert: Zentrales Merkmal wirksamer Lehrpersonen ist die stetige Untersuchung oder (Selbst-)Evaluation, indem sie regelmäßig und systematisch den Lernstand der Schülerinnen und Schüler im Bezug zu dem Zielbild und den Erfolgskriterien feststellen. Auf Basis dieser Informationen oder „Evidenz“ ist die Lehrperson in der Lage, die Lücke zwischen Lehren und Lernen, zwischen Lernstand und Ziel zu erschließen, um dann nächste Schritte zu bestimmen und diese Lücke zu schließen. Im englischen Sprachraum wird zwischen Leistungsbeurteilung von Lernen und Leistungsbeurteilung für bzw. in letzter Zeit als Lernen unterschieden (vgl. Earl (2013). Leistungsbeurteilung für Lernen bezieht sich auf den Fokus auf formative Rückmeldung und Methoden, die zur Lernautonomie und eigenständiger Lernkontrolle führen, wie kriteriengestützte Selbsteinschätzung und Peer-Feedback. Leistungsbeurteilung als Lernen meint die Mitbestimmung und Beteiligung der Lernenden bei der Festlegung von Kriterien und Beurteilungsmethoden. Aus diesem Grund nennen wir diese Art von Leistungsbeurteilung „konstitutiv“ oder „partizipativ“. Ähnlich wie Neuweg im österreichischen Kontext, behauptet Earl, dass trotz der oben genannten Erkenntnisse aus der Forschung summative Leistungsbeurteilung die Praxis dominiert. Sie stellt die tradierte Praxis als Pyramide dar:
Abbildung: Die Pyramide der Leistungsbeurteilung (vgl. Earl 2013) Welche Praxis wollen wir, um lernwirksamer zu sein?Im Rahmen der Lernatelierarbeit haben Lerndesigner und Lerndesignerinnen den Praxismix unter die Lupe genommen. Reale Praxis wird festgehalten, dann ein Bild für das Praxisziel entworfen. Typische Bilder, die vorkommen, sind hier abgebildet: Abbildung: Praxismix – Ergebnisse aus der Lernatelierarbeit Die Erkenntnis aus der Lernatelierarbeit: Auch wenn die Wichtigkeit von Informationsfeststellungen bzw. formativer Leistungsbeurteilung bekannt ist, dominieren die Praxis oft alte Muster, in denen Noten und die summativen Aufzeichnungen im Vordergrund stehen. Diese Kultur fördert die oft beklagte Notenorientierung seitens Lernenden und Eltern. Dort, wo Erhebungen zum Leistungsstand der Schüler/innen der Informationsfeststellung dienen, die daraus gewonnenen Erkenntnisse in Lern- und Lehrprozessen einfließen und wirksam werden, wird nicht nur Transparenz gefördert, sondern es werden auch die Handlungsmöglichkeiten für Lehrende und Lernende (und deren Eltern) gesteigert. Weiterführende Literatur
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Francis A. Crowther et al. | ||
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Crowther, F., Ferguson, M. & Hann, L. (2009). Developing teacher leaders: How teacher leadership enhances school success. Thousend Oaks: Corwin Press.
Principals and staff developers will learn how collaborating with teacher leaders can result in significantly improved school outcomes. With the Teachers as Leaders Framework and a parallel leadership approach, administrators and teachers can collaborate in fostering, developing, and supporting teacher leadership.
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